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Kuckuck (Foto: D.Kühler, 2014)

Fast jedes Kind lernt in der Schule Lieder in denen ich als Frühlingsbote besungen werde. Doch Hand aufs Herz, wer kennt mich denn schon genauer und wer hat mich schon mal gesehen?
Den Dichter des Liedes „Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald ...“ hat auf jeden Fall wohl eher seine romantische Phantasie beflügelt, als seine ornithologischen Kenntnisse.
Ich mag ja den Wald schon, aber nur wenn er licht und luftig ist und ich komme auch nicht vor dem Frühling nach Europa, da ist es mir nämlich noch viel zu kühl. Erst ab der 2 Hälfte April beglücke ich dann auch hierzulande die Menschen mit meinem unverkennbaren „Gesang“. Eigentlich rufe ich ja nicht für die Menschen, aber die habe ich damit zu allerlei wunderlicher Gedankengänge angeregt. Hier so einige der Geschichten die man mit im Laufe der Zeit schon angehängt hat.

Der Frühlingsbote ist dabei noch so ziemlich harmlos.

  • In ländlichen Gegenden hat man behauptet man höre meinen Ruf bis die ersten Garben des Getreides im Feld gebunden sind. Danach hört man den Kuckuck nicht mehr, dafür fangen die Geier an zu schreien. Folglich bedeutet dies, dass sich der Kuckuck im Sommer in einen Geier verwandelt und erst im nächsten Frühling wieder zu Kuckuck wird...
  • Wenn man zum ersten Mal den Kuckuck rufen hört soll man zählen wie oft er ruft, denn so viele Jahre bleiben einem noch. Vielleicht auch noch so viele Jahrzehnte?
  • Wenn man zum ersten Mal im Jahr den Kuckuck hört, ist es gut, Geld im Sack zu haben, dann geht es einem das ganze Jahr über nicht aus.
  • Ganz übel hat mir der Herr Brehm in seinem berühmten „Brehms Tierleben“ mitgespielt: Er beschreibt das Kuckucksweibchen als liederliches Ding, dass durch die Reviere der Kuckucksmännchen streift, sich mit jedem einlässt und dann seine Eier überall in fremden Nestern verteilt.
  • Schon in der Antike haben Philosophen beobachtet, dass Kuckucke ihre Jungen nicht selber aufziehen. Sie hielten sie deshalb für Feige, weshalb sie nicht in der Lage wären ihre Jungen zu verteidigen.
  • Im 18. Jahrhundert, meinte man dann, dass der Körper eines Kuckucks nicht zum Brüten geeignet sei und sie auch nicht in der Lage wären, genügend Futter für die Brutaufzucht herbeizuschaffen.

Sicher gibt es noch viel mehr von solchen Geschichten, aber eigentlich möchte ich euch lieber ein paar wahre Dinge über mich erzählen:

Familie, Merkmale

Ich gehöre, man lese und staune, in die Familie der Kuckucke, bin etwa so gross wie eine Taube und hauptsächlich grau gefärbt. Auf der Brust trage ich schicke helle Querstreifen. Wenn ich meine Flügel ausbreite bringe ich es auf stattliche 60 cm Spannweite und im Flug fallen auch meine schönen Schwanzfedern auf die ich dabei wie einen Fächer aufklappe. Oft werde ich beim Fliegen mit einem Sperber verwechselt.

Kuckuck im Flug (Foto: D.Kühler, 2014)

Natürlich behaupte ich von mir der „einzig richtige Kuckuck“ zu sein, aber ehrlich gesagt, ich bin einfach der, den man hierzulange kennt. Die Familie der Kuckucke ist aber weit grösser, es gibt sage und schreibe 136 Arten aufgeteilt in 6 Unterfamilien und 28 Gattungen. Neben dem ebenfalls einigermassen bekannten Häherkuckuck gibt es z.B. auch noch den Fratzenkuckuck, den Goldkuckuck, den Erdkuckuck, den Rennkuckuck um nur einige davon zu nennen. Ja, ja unsere Familie ist gross und über die ganze Welt verteilt. Eines unserer gemeinsamen Merkmale ist unsere spezielle Anordnung der Zehen: Die 1. und 4. Zehe zeigen nach hinten, die beiden anderen nach vorne. Sonst kann man von uns sagen, wir haben alle kurze Flügel und kurze schlanke Schnäbel.

Futter

Beim Futter bin ich nicht so wählerisch wie andere Vögel. Ich geniesse auch gern mal eine haarige Raupe oder Spinne die von Singvögeln verschmäht wird. Wenn die wüssten was ihnen entgeht... Auch verschiedene Käfer und Libellen gehören zu meinen Leibspeisen. Eigentlich ist mir fast egal was, solange es zur Hauptsache tierisch ist. Vegetarisch ist nicht so mein Ding.

Gesang

Am bekanntesten bin ich natürlich für meinen unverkennbaren Balzruf. Er hat mir in vielen Sprachen zu meinem Namen verholfen. Wie auch immer für mich ist er ganz einfach ein prima Mittel um die Weibchen anzulocken.

Lebensraum

Zuhause bin ich in ganz Europa, Russland bis ganz in den Osten nach Japan und Kamtschatka. Am liebsten habe ich lichte Wälder, es gefällt mir aber auch in den Dünen der Meeresküsten, in Hochmooren und in Steppen. Einzig die arktische Tundra und dichte grosse Wälder mag ich nicht. Dafür habe ich in Indien Familienmitglieder die in einer Höhe von bis zu 5250 m über Meer wohnen.
Für den Winter zieht es mich dann allerdings weit in den Süden z.B. nach Afrika südlich des Äquators. Da die Reise dorthin lang ist fliege ich schon Anfang August los damit ich auch noch einige Zwischenstopps einlegen kann. Hauptsächlich bin ich dabei nachts unterwegs und überquere sogar die Sahara. Mein Ziel sind die Waldgebiete des südwestlichen Zentralafrikas. Dort in den wunderbaren Akazienwäldern verbringe ich etwa 3 Monate bis ich mich Mitte Februar wieder auf die Reise mache zu meinen Brutgebieten im Norden. Meine ganze Reiseroute ist dabei bestimmt vom Nahrungsangebot und auch von den Wetterbedingungen, das Zielgebiet muss dann vor allem den Vögeln passen, denen ich meine Eier anvertrauen will.

Kuckuck (Foto: D.Kühler, 2014)
Kuckuck (Foto: D.Kühler, 2014)

Brutverhalten

Damit habe ich es schon verraten, für alle die es noch nicht wissen. Ich bin in dieser Beziehung etwas bequem und lasse meine Jungmannschaft von anderen grossziehen. Dabei bin ich aber ziemlich raffiniert. Als Wirtsvögel kommen verschiedene Singvogelarten in Frage oft auch wesentlich kleinere wie z.B. Grasmücken oder Rotkehlchen. Nur mit Höhlenbrütern lassen wir uns nicht ein. Natürlich laden uns die Wirtsvögel nicht gerade ein. Im Gegenteil sobald wir auftauchen werden wir attackiert. Das ist aber genau der Trick. Das Männchen beschäftigt die Wirtsvögel währenddessen das Weibchen blitzschnell sein Ei ins fremde Nest legt. Dabei wird dann oft eines der Original-Eier im Schnabel weggetragen, damit die so „beglückten“ Singvogel-Eltern nichts merken. Das Ei ist fast identisch mit seinem Original. So wie wir unterschiedliche Eier produzieren können, erblasst jeder Osterhase vor Neid.

Hier 4 Beispiele. Von links nach rechte: Gartengrasmücke, Gartenrotschwanz, Goldammer und Neuntöter. Jeweils das grösste Ei ist das Kuckuckei (Quelle: Wikipedia)

Gut zugegeben, jedes Weibchen hat dabei seine eigene Spezialität von der es nicht abweicht. Es sucht sich deshalb die „Stiefeltern“ für seinen Nachwuchs ganz gezielt aus. Im schweizerischen Mittelland ist vor allem der Teichrohrsänger bei Kuckucks beliebt als Wirtsvogel.

Damit die Brutgeschichte für den Kuckuck auch zum Erfolg wird dauert die Bebrütungsdauer nur etwa 12 Tage. Das ist sehr kurz, doch damit wird sichergestellt, dass der kleine Kuckuck schlüpft bevor seine „Konkurrenz“ schlüpft. Der Kleine ist in seinen ersten Tagen ein ziemliches Biest und versucht alles was sich sonst noch im Nest befindet ob Ei oder „Geschwister“ aus dem Nest zu werfen. Wenn dann die Wirtsvögel mit Futter ankommen sperrt er seinen leuchtendroten Rachen so weit auf, dass seine Zieheltern gar nicht anders können als ihn zu füttern. Etwa 6 Wochen lang werden die Zieheltern nun ihr Kuckuckskind füttern, dabei wird es für sie zu einen Riesenbaby. Nach etwa 3 Wochen ist es ca.50 mal schwerer als beim Schlüpfen. Die letzten 3 Wochen wird es sogar noch ausserhalb des Nestes brav weitergefüttert, bis der Jungvogel selbständig ist.

Kuckuck (Foto: D.Kühler, 2014)

Der junge Kuckuck kommt mit einem eigenen „Bio-GPS“ zur Welt. Sobald er selbständig ist fliegt er ganz allein und ohne Anleitung anderer Artgenossen ins Winterquartier. Damit ist dann bereits die nächste Generation bereit für den nächsten Sommer. Übrigens auch wenn wir sogenannte Brutparasiten sind, nicht wir sind schuld, dass es hierzulande weniger Singvögel gibt. Falls es euch schon aufgefallen ist, auch wir sind seltener geworden in der Schweiz wie so viele Vogelarten. Der Grund dafür ist, dass der Lebensraum hier für uns immer weniger wird.

Dieser schöne Kuckuck wurde am 3.9.2014 am Nussbaumersee von M. Wolfensberger fotografiert

Text:
R. Gantenbein

Fotos:
D. Kühler, M. Wolfensberger